Klimaschutz
Konzept
Vier-Säulen-Strategie definiert Maßnahmen für den Klimaschutz
Fortschritte im Klimaschutz können im Luftverkehrssektor nur durch das Zusammenwirken und die Bündelung verschiedener Kompetenzen seitens unterschiedlicher Akteure wie Hersteller, Flughäfen, Flugsicherungen, Luftfahrtgesellschaften und Politik erreicht werden. Bereits im Jahr 2007 hat die IATA in der Vier-Säulen-Klimaschutzstrategie der Luftfahrtindustrie Emissionsminderungsmaßnahmen in vier Handlungsfelder unterteilt.
Diese Strategie beziehungsweise diese vier Handlungsfelder bilden auch die Grundlage des konzeptionellen Ansatzes und der Aktivitäten der Lufthansa Group zur Verbesserung der Treibstoffeffizienz und zur Minderung der CO₂-Emissionen aus dem Betrieb der Flugzeuge.
- TECHNISCHER FORTSCHRITT
Die Lufthansa Group investiert kontinuierlich in moderne und besonders treibstoffeffiziente Flugzeuge und Triebwerkstechnologien, die den wichtigsten Baustein zur Reduzierung der CO₂-Emissionen aus dem Flugbetrieb darstellen.
Auch Maßnahmen zur technischen Modifizierung der Bestandsflotte werden kontinuierlich überprüft und in Zusammenarbeit mit Partnern aus Forschung und Industrie umgesetzt.
Die Lufthansa Group hat sich im letzten Jahrzehnt intensiv mit der Erforschung, Erprobung und Nutzung von SAF, also synthetischem Kerosin aus erneuerbaren Energien, befasst. Über gezielte Kooperationen treibt die Lufthansa Group seither Schlüsseltechnologien zu dessen Erzeugung voran und sichert sich so unter anderem durch Absichtserklärungen Zugriff auf die benötigten SAF-Volumina.
- VERBESSERTE INFRASTRUKTUR
Um die Effizienzpotenziale bei der Nutzung des europäischen Luftraums zu erschließen, bedarf es einer grundlegenden Modernisierung und Vereinheitlichung von Technologien, Prozessen und Standards. Unabhängig davon, in welcher Form der Gesetzgebungsvorschlag der EU-Kommission zur „Weiterentwicklung des europäischen Luftraums“ (Single European Sky, SES2+) verabschiedet wird, setzt sich die Lufthansa Group für die Harmonisierung des EU-Luftraums ein. Hierfür verfügen die Lufthansa Group und weitere europäische Airlines, zum Beispiel im Zusammenschluss bei Airlines for Europe (A4E), über die erforderliche Expertise und unterstützen seit vielen Jahren aktiv die Gestaltung eines effizienten EU-Luftraums durch ihre Mitarbeit in Gremien und Projekten.
Die Lufthansa Group möchte zudem möglichst viele der Passagiere, die über ihre Drehkreuze reisen, für eine intermodale An- oder Abreise gewinnen, um die Anzahl besonders kurzer Flüge zu reduzieren. Mit einem erweiterten intermodalen Angebot soll die An- und Abreise per Fernbahn oder -bus genauso selbstverständlich wie der Anschlussflug werden.
- OPERATIVE MASSNAHMEN
Operative Maßnahmen der Lufthansa Group zum Klimaschutz umfassen neben dem effizienten Flugzeugeinsatz und der Optimierung der Auslastung auch die Prüfung und Einführung neuer Flugverfahren und Navigationstechnologien, die Ermittlung optimaler Routen und Geschwindigkeiten sowie die Entwicklung von zahlreichen Maßnahmen zur Treibstoffeinsparung in der Flugeinsatzplanung und im Flugbetrieb.
- ÖKONOMISCHE INSTRUMENTE
Den ökonomischen Maßnahmen zum Klimaschutz, wie dem Europäischen Emissionshandel (EU-ETS), dem verpflichtenden Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) und der freiwilligen Kompensation von CO2 kommt eine wesentliche Bedeutung zu, solange keine ausreichende CO2-Reduktion zu erzielen ist, zum Beispiel durch ausreichende Verfügbarkeit von nachhaltigen Flugkraftstoffen und Antriebstechnologien. Neben der freiwilligen Kompensation durch das Unternehmen baut die Lufthansa Group deshalb auch die Kompensationsangebote für Kundinnen und Kunden kontinuierlich aus.
Lufthansa Group unterstützt Klimaschutz durch erweitertes Engagement
Um die im Rahmen des Klimaschutzengagements der Lufthansa Group gesetzten Ziele in einer schwer zu dekarbonisierenden Branche zu erreichen, bedarf es ergänzend der gezielten politischen Unterstützung sowie finanzieller Fördermechanismen zur Technologieentwicklung und zur Beschleunigung der Markteinführung nachhaltiger Flugkraftstoffe. So engagiert sich die Lufthansa Group in vielfältigen privaten und staatlich geförderten Forschungs- und Entwicklungsinitiativen. Zudem unterstützt sie die Atmosphärenforschung, um so gemeinsam mit der Wissenschaft zu einem besseren Verständnis des globalen Klimas beizutragen. Darüber hinaus engagiert sich die Lufthansa Group auch darin, CO2-neutrale Bodenprozesse in den Heimatmärkten bis 2030 zu realisieren.
Lufthansa Group ermittelt jährlich ihren „Carbon Footprint“
Der „Carbon Footprint“ der Lufthansa Group bildet die Summe aller durch ihre betrieblichen Aktivitäten verursachten Kohlenstoffdioxid- und anderen Treibhausgasemissionen gemäß den international anerkannten „Greenhouse Gas Protocol“-Standards ab – inklusive der wesentlichen Emissionen aus der Lieferkette. Um größtmögliche Transparenz und Glaubwürdigkeit für alle Stakeholder herzustellen, wird der Carbon Footprint jährlich von einer unabhängigen externen Prüfungsorganisation verifiziert und unter anderem über die Teilnahme am anerkannten CDP-Rating auch detailliert kommuniziert.
Organisatorische Verankerung und Verantwortlichkeiten
Die Abteilung Corporate Responsibility ist für die Definition der Klimaschutzziele verantwortlich und bricht diese in Abstimmung mit den Zentralfunktionen auf die Gesellschaften herunter. Auf dieser Grundlage erarbeiten die Gesellschaften in Koordination mit den Zentralfunktionen entsprechende Maßnahmen. Zwei im letzten Jahr etablierte Emissionsmanagementgremien wurden im Berichtsjahr unter der Leitung des Bereichs Corporate Responsibility zusammengeführt, da sich die bisherige Trennung von verpflichtendem und freiwilligem Reporting nicht bewährt hat. Mit der Konsolidierung der Prognosemodelle wurde somit auch die Koordination der Themen gebündelt. Dort werden regelmäßig die aktuellen Entwicklungen der nationalen und supranationalen Emissionsgesetzgebung besprochen, deren Relevanz für die Lufthansa Group beurteilt und ihre Auswirkungen ermittelt.
Darüber hinaus setzen sich zwei weitere Gremien mit der Weiterentwicklung und Bedeutung des Themas SAF für die Lufthansa Group auseinander. Im Kern-SAF-Gremium, bestehend aus den Bereichen Corporate Responsibility, Corporate Controlling, Vertrieb und Treibstoffeinkauf, werden die Beschaffungsopportunitäten sowie die strategischen Prioritäten definiert. Im erweiterten SAF-Gremium, dem auch Vertreterinnen und Vertreter aus den Geschäftsfeldern angehören, werden gemeinsam vertriebliche und emissionsbilanzielle Aspekte forciert und nach Kundensegmenten differenzierte Angebote entwickelt.
Um die über CO2 hinausgehenden Klimawirkungen des Luftverkehrs zu untersuchen und zu adressieren, hat der Bereich Corporate Responsibility seit 2022 ein weiteres Gremium, den SAF-Circle, etabliert, der mit Vertreterinnen und Vertretern der Flugbetriebe, von Lufthansa Systems und Corporate Responsibility besetzt ist und regelmäßig tagt, um über politische, technische, regulatorische und wissenschaftliche Entwicklungen zu beraten.
Ziele
Klimaschutzziele der Luftfahrtbranche werden von der Lufthansa Group unterstützt
Die Lufthansa Group unterstützt die Emissionsminderungsziele der IATA, die Netto-CO₂-Emissionen bis 2050 auf null abzusenken (Net-zero-Ziel).
Sämtliche Airlines der Lufthansa Group sind Mitglieder der 2022 gegründeten „Aviation Alliance Fit for 55“, eines Bündnisses aus europäischen Fluggesellschaften und Flughäfen. Die Partner bekennen sich zu dem Ziel eines CO2-neutralen Luftverkehrs bis 2050 und haben hierfür wettbewerbsneutrale Lösungen auf europäischer Ebene vorgeschlagen.
Darüber hinaus hat sich die Lufthansa Group der „First Movers Coalition“ des World Economic Forum angeschlossen. Ziel dieser Initiative ist es, im Jahr 2030 mindestens 5 % SAF mit einem mindestens 85-prozentigen Emissionsvorteil gegenüber fossilem Kraftstoff einzusetzen. Beide Aspekte sind schon für sich genommen eine über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehende Ambition, da sich die 5 % auf den gesamten Kraftstoffbedarf der Lufthansa Group beziehen (nicht nur auf den in Europa getankten Kraftstoff) und der in der EU geforderte Emissionsvorteil von SAF lediglich bei 65 % liegt.
Lufthansa Group definiert zusätzlich eigene erweiterte Emissionsminderungsziele
Um ihrer Vorreiterrolle im Klimaschutz gerecht zu werden, hat die Lufthansa Group eigene, ambitioniertere CO2-Minderungsziele definiert. Im Sommer 2022 wurde das CO2-Reduktionsziel der Lufthansa Group erfolgreich durch die SBTi validiert. Die SBTi ist eine gemeinsame Initiative von CDP, United Nations Global Compact, World Resources Institute (WRI) und World Wide Fund for Nature (WWF), die branchenspezifischen Kriterien für den Klimaschutz entwickelt, diese Kriterien in teilnehmenden Unternehmen anwendet und die entsprechenden Unternehmensziele validiert. Mit ihrer SBTi-Validierung war die Lufthansa Group die erste Airline-Gruppe in Europa mit einem wissenschaftlich fundierten CO₂-Reduktionsziel im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015. Weltweit gehört sie zu den ersten drei Airlines, deren Reduktionsziele durch die SBTi validiert wurden.
Konkret hat sich die Lufthansa Group gemäß SBTi-Kriterien dazu verpflichtet, ihre CO2-Intensität – das heißt ihre CO2-Emissionen pro transportiertem Tonnenkilometer (Passagier- und Fracht) – von 2019 bis 2030 um 30,6 % zu reduzieren. Dieses Ziel darf ausschließlich durch eine Reduktion des Kraftstoffverbrauchs oder durch die Substitution des fossilen Kraftstoffs durch SAF erreicht werden.
Über die Reduktion gemäß den SBTi-Zielen hinaus beabsichtigt der Konzern das selbst gesteckte Ziel einer Halbierung der Netto-CO₂-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2019 durch freiwillige Kompensation zu erreichen. Im Jahr 2050 will die Lufthansa Group CO₂-neutral sein.
Emissionsminderungsziele sind Bestandteil der Vorstandsvergütung
Emissionsminderungsziele sind Bestandteil der langfristigen variablen Vergütung für den Vorstand der Deutschen Lufthansa AG. Der Aufsichtsrat definiert im Rahmen der mehrjährigen variablen Vergütung (MVV) für den Vorstand regelmäßig ein Umweltziel als Schwerpunkt für die strategischen Ziele und Nachhaltigkeitsziele. Abgeleitet aus der aktuellen Unternehmensstrategie, wonach sich die Reduktionsziele analog zum Zielsystem der validierten SBTi-Ziele am Indikator CO2 pro transportiertem Tonnenkilometer orientieren, wurde die Reduktion der spezifischen CO2-Emissionen als Schwerpunkt im Rahmen der mehrjährigen variablen Vergütung für das Geschäftsjahr 2023 („Long Term Incenticve“/LTI 2023) festgelegt. Das Umweltziel geht mit 20 % in die Zielerreichung des LTI 2023 ein. ↗ Vergütungsbericht.
Maßnahmen
TECHNISCHER FORTSCHRITT
Flottenerneuerung wird kontinuierlich vorangetrieben
Seit mehreren Jahren herrscht in der Luftfahrtbranche eine große Dynamik hinsichtlich der Erforschung und Entwicklung neuer, nachhaltiger Technologien - auch wenn viele Projekte noch weit von einer Serienreife entfernt sind. Die etablierten Hersteller wie Airbus oder Boeing ebenso wie viele junge Firmen versuchen, den Luftverkehrsmarkt mit neuen Ideen und Konzepten zu bereichern. Neben alternativen Kraftstoffen spielen dabei auch neue Antriebskonzepte rund um Wasserstoff oder Elektrizität und damit verbundene Flugzeugkonzepte eine Rolle. Die Lufthansa Group verfolgt diese Entwicklungen aufmerksam und analysiert diese laufend hinsichtlich Zukunftsfähigkeit und Relevanz. In diesem Zuge wurde eine Absichtserklärung mit der Firma Lilium unterzeichnet, um eine strategische Partnerschaft für den Betrieb von elektrischen Senkrechtstartern („electric Vertical Take-Off and Landing“, eVTOL) in Europa zu prüfen.
Die Flottenerneuerung bleibt kurz- und mittelfristig der wichtigste Hebel zur CO₂-Einsparung. Im Jahr 2023 wuchs die Flotte der Lufthansa Group um 29 neu hinzugekommene Flugzeuge, darunter Maschinen vom Typ Airbus A320neo, A321neo, A350-900 und Boeing 787-9, die mit modernen Triebwerken ausgestattet sind. Beispielsweise zählt der Flugzeugtyp A320neo zu den weltweit modernsten und umweltfreundlichsten Flugzeugen und ist wesentlich leiser als vergleichbare Flugzeugtypen. Seit 2019 hat die Lufthansa Group den Anteil der Flotte mit neuster Technologie auf 20 % (141 Flugzeuge) mehr als verdoppelt. Im Gegenzug haben insgesamt 18 ältere Flugzeuge die Konzernflotte verlassen. Im Dezember 2023 wurden insgesamt 80 weitere Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge der Typen Boeing 737 MAX und Airbus A220-300 bestellt und darüber hinaus 120 Kaufoptionen abgeschlossen. Zusammen mit früheren Bestellungen umfasst der Auftragsbestand nunmehr rund 260 Flugzeuge neuester Technologie. ↗ Flotte.
Technische Maßnahmen werden für die bestehende Flotte entwickelt
Auch Maßnahmen zur technischen Modifizierung der Bestandsflotte, sogenannte Retrofits, werden kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls umgesetzt. Die von Lufthansa Technik gemeinsam mit BASF entwickelte funktionale Oberflächenbeschichtung „AeroSHARK“ ist ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung. Ihre sogenannten „Riblet-Filme“, benannt nach den der Haifischhaut nachempfundenen mikroskopisch kleinen Rippen, sind aktuell schon in der Lage, den Luftwiderstand großer Verkehrsflugzeuge, und damit ihren Kerosinverbrauch, um circa 1 % zu verringern.
Im Jahr 2022 wurde die „AeroSHARK“-Technologie erstmals für den Serieneinsatz an zwei Typen der Boeing 777 zugelassen. So konnte SWISS im Oktober 2022 den ersten Linienflug mit einer Boeing 777-300ER durchführen, deren Rumpf und Triebwerksgondeln zuvor auf einer Fläche von 950 Quadratmetern mit den Riblet-Filmen modifiziert wurden. Der erste Flug einer Boeing 777F von Lufthansa Cargo, die mit rund 800 Quadratmetern „AeroSHARK“ modifiziert wurde, folgte im Februar 2023. Ende 2023 flogen insgesamt 15 mit „AeroSHARK“ ausgestattete Boeing 777 in der Lufthansa Group, davon elf Boeing 777-300ER bei SWISS und vier Boeing 777F bei der Lufthansa Cargo. Nach Modifikation aller Konzernflugzeuge dieser beiden Typen können künftig kumuliert voraussichtlich mehr als 8.000 Tonnen Kraftstoff und über 25.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.
Um das globale Einsparpotenzial zu maximieren, vermarktet Lufthansa Technik „AeroSHARK“ auch an Fluggesellschaften außerhalb der Lufthansa Group. Mehr als 100 Flugzeuge der Typen Boeing 777F und 777-300ER von Fremd-Airlines sollen in den nächsten Jahren durch Lufthansa Technik mit „AeroSHARK“ ausgestattet werden.
Neben den aktuellen Flugzeugtypen ist es geplant, Zulassungen für den Airbus A330, die Boeing 737 sowie den A320neo zu erhalten.
Nutzung von Sustainable Aviation Fuel wird ausgebaut
Durch einen kontinuierlichen Ausbau nachhaltigerer Produkte, die die Kundinnen und Kunden entlang der gesamten Reisekette wie zum Beispiel bei der Buchung oder während des Flugs in Anspruch nehmen können, soll der SAF-Absatz gesteigert werden.
Bisher ist die globale SAF-Produktionskapazität und damit die Verfügbarkeit sehr begrenzt. Die gesamte globale Produktionskapazität würde nur für etwa 0,1 % des weltweiten Flugkraftstoffverbrauchs ausreichen. Um die Versorgung mit SAF kontinuierlich zu sichern, folgt die Lufthansa Group einer dreigliedrigen Strategie:
- Um eine kontinuierliche Beschaffung von SAF auf dem Spot-Markt zu ermöglichen, wurden vom Vorstand der Deutschen Lufthansa AG bis zu 250 Mio. USD bis 2026 freigegeben.
- Darüber hinaus werden weltweit Optionen für langfristige Abnahmeverträge geprüft, die ab etwa 2025 voraussichtlich erhebliche Produktionsvolumina und Versorgungssicherheit bieten. Im Berichtsjahr wurden zwei weitere Absichtserklärungen unterzeichnet, um die Versorgung der Lufthansa Group mit nachhaltigen Flugkraftstoffen dauerhaft sicherstellen zu können.
- Langfristig unterstützt die Lufthansa Group innovative Versorgungskonzepte mit dem Ziel, die Start-ups und Entwickler von heute in die Versorger von morgen zu transformieren. Dabei fokussiert sich die Lufthansa Group auf synthetisches Kerosin auf Basis von Reststoffen, holzartiger Biomasse und erneuerbarer elektrischer Energie (Power-to-Liquid – PtL) sowie die Erforschung der direkten Nutzung von Sonnenlicht für die Kraftstoffsynthese. Um die Markteinführung besonders fortschrittlicher nachhaltiger Flugkraftstoffe zu beschleunigen, plant die Lufthansa Group die Gründung einer SAF Buyers Alliance im nächsten Jahr. Diese soll die Nachfrage von mehreren Firmenkunden bündeln, um die Errichtung von Pilotanlagen zur Kraftstofferzeugung zu ermöglichen.
Für 2024 ist geplant bei SWISS solare Kraftstoffe zu nutzen. Dabei handelt es sich um neue thermochemische Reaktionsverfahren, die mit Hilfe der Sonneneinstrahlung aus atmosphärischem Kohlendioxid und Wasser synthetisches Kerosin herstellen. Darüber hinaus unterzeichnete Lufthansa Airlines im Berichtsjahr eine Absichtserklärung für eine Forschungskooperation mit DLR, Flughafen München, Airbus und MTU zur betrieblichen Erprobung sämtlicher Facetten des PtL-Einsatzes im täglichen Flugbetrieb., Dazu gehören verschiedenste Fragestellungen rund um den Einsatz von SAF wie zum Beispiel die Anwendung von reinem (100 %) PtL-Kraftstoff und die Wirkung von SAF auf die Bildung von Kondensstreifen.
Politisch setzt sich die Lufthansa Group für eine globale Strategie zur Bereitstellung von nachhaltigen Flugkraftstoffen ein. Neben einer wettbewerbsneutralen Ausgestaltung der Beimischungsquoten in Europa gehört dazu beispielsweise auch die Definition quantifizierbarer Ziele und ambitionierter Nachhaltigkeitskriterien für den SAF-Einsatz auf der ICAO-Ebene (International Civil Aviation Organization). Diesen Prozess unterstützt die Lufthansa Group seit 2023 durch die Mitgliedschaft in der „ICAO Fuel Task Group“. Auf EU-Ebene setzt sich die Lufthansa Group für eine Vereinfachung der Compliance-Prozesse SAF-bezogener Regulierung ein und hat ein Positionspapier zu einem „Book and Claim“ System verfasst. Dabei wird SAF nicht mehr physisch, sondern auf Basis von Zertifikaten gehandelt.
VERBESSERTE INFRASTRUKTUR
Einheitlicher europäischer Luftraum soll Emissionen reduzieren
Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zur Weiterentwicklung des europäischen Luftraums (SES2+) soll dazu beitragen, das europäische Flugverkehrsmanagement weiter zu harmonisieren und zu optimieren. Die technologische Basis hierfür bilden die Ergebnisse aus dem europäischen Single European Sky ATM Research Program (SESAR), das die Entwicklung, Erprobung und europaweite Einführung neuer Technologien, Verfahren und Standards erarbeitet.
Die von der EU-Kommission angestrebte Effizienzsteigerung von bis zu 10 % durch verkürzte Flugwege, verbessertes Kapazitätsmanagement und weniger Verspätungen soll im Bereich Forschung und Implementierung durch das SESAR-Programm erreicht werden. Wesentlich für eine effiziente Flugdurchführung sind auch kapazitätssteigernde Maßnahmen im Luftraum, die von zentraler Bedeutung für einen stabilen Flugplan und weniger Verspätungen sind. Hier unterstützte die Lufthansa Group in vielfältiger Hinsicht, unter anderem durch Investitionen in moderne Kommunikationstechnologien. Aufgrund der hohen Relevanz der Entwicklung des europäischen Luftraums für die Lufthansa Group engagiert sie sich auch weiterhin im Industriekonsortium „SESAR Deployment Manager“ (SDM) als Mitglied und mit aktiver Unterstützung von Expertinnen und Experten.
Im Rahmen der SDM-Tätigkeiten wird die Umsetzung oben erwähnter Technologien, Verfahren und Standards im Tagesgeschäft koordiniert. 2023 wurden europaweit 348 Projekte durch den SDM koordiniert. Die Lufthansa Group beteiligte sich an sechs dieser Implementierungsprojekte und war darüber hinaus auch an den SESAR-Forschungs- und Demonstrationsprojekten (SESAR 3) mit verschiedenen Airlines der Lufthansa Group und Lufthansa Systems als IT-Anbieter aktiv beteiligt. Ziel ist es dabei, auch kurzfristige Effizienzgewinne beschleunigt umsetzen zu können. Zusätzlich zu den zwei bereits laufenden Projekten beteiligt sich SWISS in den Themengebieten optimierte Flugführung und Ankunftszeitmanagement in Zürich im Rahmen des „Horizon Europe-Förderprogramms“ an vier Projekten, die im Jahr 2023 gestartet wurden.
Für Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie für die aktive Mitarbeit im SDM erhielt die Lufthansa Group Fördergelder der Europäischen Union.
Intermodale Transportangebote zu den Drehkreuzen der Lufthansa Group werden ausgebaut
Die Lufthansa Group bietet in Kooperation mit nationalen Bahngesellschaften (Deutsche Bahn, Österreichische Bundesbahnen und Schweizerische Bundesbahnen) sowie einigen Busanbietern in den Heimatmärkten Alternativen zur An- und Abreise mit Flugzeugen von und zu den Drehkreuzen. Diese Intermodalangebote werden über eine Flugnummer in das Angebot der Lufthansa Group eingebunden und sind im Leistungspaket für die Kundinnen und Kunden einem Flug weitestgehend gleichgestellt.
Die gemeinsamen Angebote werden stetig erweitert und optimiert. Im Berichtsjahr wurde die Frequenz des Kooperationsdienstes mit der Österreichischen Bundesbahn zwischen Wien und Salzburg erhöht. So konnte kompensiert werden, dass die Flugstrecke auf derselben Route nach der Pandemie nicht wieder aufgenommen wurde. 2023 wurde außerdem die Kooperation mit der Deutschen Bahn mit Augsburg und Siegburg/Bonn um zwei Ziele erweitert. ↗ Kundenbelange/Produkt & Services.
OPERATIVE MASSNAHMEN
Zahlreiche Projekte zur Treibstoffeinsparung reduzieren CO₂-Emissionen deutlich
Der optimale Einsatz der Flugzeugflotte auf einzelnen Flugstrecken in Abhängigkeit von der jeweiligen Nachfrage stellt eine zentrale Aufgabe in jedem Flugbetrieb dar und führt zu einer optimierten Auslastung der Flüge insgesamt.
Im Berichtsjahr wurden konzernweit 67 Projekte zur Treibstoffeinsparung verfolgt. Diese Projekte umfassen Maßnahmen aus den Bereichen Performance & Procedures, Gewichtsreduktion, Flugroutenoptimierung sowie technische Entwicklungen.
Hierdurch konnten im Berichtsjahr weitere 25.100 Tonnen CO₂-Emissionen dauerhaft vermieden werden. Die eingesparte Menge Kerosin von rund 8.000 Tonnen entspricht dem Verbrauch von circa 97 Hin- und Rückflügen auf der Strecke München – New York mit einem Flugzeug des Typs Airbus A350-900.
Im Folgenden werden einige dieser 67 Projekte zur Treibstoffeinsparung beispielhaft erläutert.
Fortschritte im „OPS Sustainability Program“ tragen zu den CO2-Minderungszielen bei
Das im November 2022 von dem Bereich Operations Efficiency in Zusammenarbeit mit allen Flugbetrieben der Lufthansa Group gestartete und bis 2030 laufende „OPS Sustainability Program“ ist ein in drei Schritten gegliederter Ansatz zur nachhaltigen Reduktion der CO2-Emissionen. In verschiedenen Handlungsfeldern werden entlang der operationellen Produktionskette - von der Flugvorbereitung über Optimierungsmaßnahmen während des Flugs und die Abfertigung am Boden bis hin zu der datenbasierten Auswertung der stattgefundenen Flüge – effizienzsteigernde Maßnahmen umgesetzt.
Der erste der drei Schritte umfasst 93 Projektideen, deren Umsetzung sukzessive bis 2025 geplant ist. Im Berichtsjahr konnten durch die Realisierung von 35 Projekten bereits CO2-Einsparungen im operativen Bereich von 6.700 Tonnen erreicht werden. Beispielprojekte sind die Nutzung von nur einem Triebwerk bei Bodenbewegungen oder die Reduktion des Flugzeuggewichts durch Verwendung leichterer Lademittel. Parallel dazu wurde eine Airline-übergreifende Datenbank entwickelt, die ein einheitliches Erfassen, Nachverfolgen und Berichten der erzielten Emissionsreduktionen ermöglicht. Das „OPS Sustainability Programm“ zielt auch darauf ab, den Wandel in der Unternehmenskultur zu unterstützen. So wurde entschieden, dass in den Betriebshandbüchern der Lufthansa Group Airlines eine übergreifende Philosophie und Richtlinie verankert wird, die die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Flugdurchführung als Verantwortung der Flugkapitänin/des Flugkapitäns definiert. Des Weiteren werden Flugausbilderinnen und -ausbilder gezielt für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisiert, um diese als Multiplikatoren im Flugtraining in ihre Trainingselemente zu integrieren.
Die im „OPS Sustainability Program“ erzielten Minderungen der CO2-Emissionen werden kontinuierlich im Arbeitspaket „Framework und Certification“ gemessen und nachgehalten und sind damit ein wichtiger Baustein zur SBTi-Zielerreichung der Lufthansa Group.
Effizientere Konzepte für Ab- und Anflug werden implementiert und Digitalisierung der Anflugtechnologien vorangetrieben
Eine wichtige Rolle bei der Einführung neuer Flugverfahren an europäischen Flughäfen spielt die moderne, satellitengestützte „Required Navigation Performance“ (RNP) Technologie, mit der die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) Mindestanforderungen an die erforderliche Navigationsleistung eines Luftfahrzeugs festgelegt hat.
Eine 2023 am Flughafen Stuttgart neu eingeführte verkürzte RNP-Abflugroute wird von Eurowings-Flugzeugen genutzt, die dabei im Berichtsjahr rund 26 Tonnen Treibstoff und damit 81 Tonnen CO2 einsparen konnten. Das treibstoffsparende RNP-Anflugverfahren nutzt auch Austrian Airlines am Flughafen Wien. Das Verfahren hat zudem Einfluss auf die Lärmemissionen. ↗ Umweltbelange/Aktiver Schallschutz.
Um ökoeffizientere, vertikal und lateral verbesserte Flugwege für die Flughäfen Frankfurt, Düsseldorf und Köln zu erarbeiten, startete im November 2022 das von der EU geförderte und auf drei Jahre angesetzte Projekt HERON (Highly Efficient gReen Operations) im Rahmen von SESAR 3. Daran ist neben der Lufthansa Group unter anderem auch die DFS beteiligt. Die praktischen Arbeiten der Lufthansa Group in HERON begannen im Berichtsjahr. Hier fließen die Ergebnisse der KI-basierten Flugspurenanalysen aus dem von der EU geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekt ALBATROSS ein, das 2023 endete.
Darüber hinaus hat die Lufthansa Group 2023 entschieden, früher als von der EU gesetzlich vorgeschrieben, in die neue ADS-C EPP genannte Technologie zu investieren, die eine Übertragung von Flugbahninformationen in Echtzeit ermöglicht. Mit Hilfe dieser Informationen kann die Flugsicherung den Luftraum effizienter steuern und die Wegeführung des Flugzeugs optimieren. Ab 2024 sollen bereits alle neu in den Dienst gestellten Airbus A320neo/A321neo der Lufthansa Group mit dieser automatisierten Flugprofil-Übertragungstechnik ausgeliefert werden. Ab 2028 muss die neue Technik standardmäßig in allen neu ausgelieferten Flugzeugen und Bodensystemen der Flugsicherung in der EU eingebaut sein.
Flugbetriebssteuerung wird mit künstlicher Intelligenz optimiert
In Zusammenarbeit mit Google Cloud entwickelte die Lufthansa Group das Steuerungstool “Operations Decision Support Suite” (OPSD). OPSD nutzt künstliche Intelligenz, um das komplexe Zusammenspiel von Flugzeugbewegungen und -routen, Flugzeugeinsatz, Wartungszyklen, Passagierbuchungen und vielem mehr zu optimieren. Unter Nutzung historischer und aktueller Daten generiert OPSD aus gegebenen Handlungsoptionen mögliche Entwicklungsszenarien und wiegt diese hinsichtlich mehrerer Dimensionen gegeneinander ab. Flugplanerinnen und -planer und das Flugsteuerungspersonal können aufgrund dieser Analyse schnellere Entscheidungen treffen. Dies kann die Vermeidung von CO2-Emissionen unterstützen, etwa indem das treibstoffsparendste Flugzeug für eine spezifische Route ausgewählt wird oder indem die Sitzauslastung optimiert wird. Dies wurde im Berichtsjahr bei der SWISS, als erster Airline in der Lufthansa Group, eingeführt.
ÖKONOMISCHE INSTRUMENTE
Den ökonomischen Maßnahmen zum Klimaschutz kommt eine wesentliche Bedeutung zu, solange nachhaltige Antriebstechnologien nicht zur Verfügung stehen und nachhaltige Flugkraftstoffe nicht in ausreichender Menge vorhanden sind.
CO2-Emissionen werden verpflichtend kompensiert
Mit dem im Oktober 2016 bei der International Civil Aviation Organization (ICAO) getroffenen Übereinkommen zum Klimaschutz – Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) – werden seit 2021 wachstumsbedingte CO2-Emissionen im internationalen Luftverkehr durch den Erwerb von Zertifikaten kompensiert. Konzeptionell werden im Rahmen von CORSIA alle Emissionen der Luftfahrtindustrie kompensiert, die über dem CO2-Ausstoß des von der ICAO definierten Basiswerts liegen. Dieser beläuft sich für die Pilotphase (2021 bis 2023) auf das Emissionsvolumen des Jahres 2019 und für die Jahre 2024 bis 2035 auf 85 % der Emissionen aus dem Jahr 2019. In den Jahren 2021 und 2022 leistete die Lufthansa Group aufgrund des krisenbedingten weltweiten Rückgangs des Verkehrsaufkommens keine CORSIA CO2-Kompensationen. Das Gleiche wird für 2023 erwartet. Kompensationen unter CORSIA werden voraussichtlich erstmalig für das Jahr 2024 anfallen, was primär von der Geschwindigkeit der Erholung des Luftverkehrs in den an der CORSIA-Pilotphase teilnehmenden Staaten abhängig ist.
Im EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) für den Luftverkehr werden die CO2-Emissionen seit 2012 durch einen Zertifikatehandel gesteuert und begrenzt. Die Lufthansa Group unterliegt diesem System mit allen Flügen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Zusätzliche Verpflichtungen zur Abgabe von Emissionszertifikaten bestehen durch die Emissionshandelssysteme der Schweiz (CH-EHS) und des Vereinigten Königreichs (UK-ETS) für die Flüge zwischen dem EWR, der Schweiz und Großbritannien.
Die Lufthansa Group beobachtete und begleitete auch 2023 gemeinsam mit A4E (Airlines for Europe) den Überarbeitungsprozess der europäischen Emissionshandelsrichtlinie auf politischer Ebene. Ziel des Vorhabens ist die Harmonisierung von CORSIA und EU-ETS, um eine Doppelregulierung zu vermeiden.
Die Gesellschaften der Lufthansa Group emittierten im Berichtsjahr rund 8,5 Mio. Tonnen CO2 im Geltungsbereich des EU-ETS sowie CH-EHS und UK-ETS. Im Jahr 2023 hat die Lufthansa Group für ihre Gesellschaften von nationalen Registerbehörden (inklusive UK-ETS) Zertifikatszuteilungen erhalten, die einer Menge von 3,8 Mio. Tonnen CO2-Emissionen entsprechen. Ab 2024 werden die kostenfreien Zertifikatszuteilungen im Rahmen von EU-ETS und CH-EHS reduziert. UK-ETS ist hiervon nach aktuellem Stand nicht betroffen. Da im Jahr 2024 eine Reduzierung um 25 % vorgesehen ist, rechnet die Lufthansa Group für 2024 nur noch mit einer Zuteilung an kostenfreien Zertifikaten von circa 2,8 Mio. Tonnen CO2.
Weitere Informationen zur Bildung von Rückstellungen im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Einreichung von CO2-Emissionszertifikaten bei den zuständigen Behörden finden sich im ↗ Konzernanhang, Erläuterung 37.
Angebote zum nachhaltigeren Fliegen für Kundinnen und Kunden werden ausgeweitet
Die Lufthansa Group baut ihre Angebote und Services für nachhaltigeres Fliegen immer weiter aus. Im Berichtsjahr sind die „Green Fares“ besonders hervorzuheben. Seit Mitte Februar 2023 bietet die Lufthansa Group mit den „Green Fares“ als weltweit erste Airline-Gruppe einen eigenen Flugtarif, der den Ausgleich der flugbedingten CO2-Emissionen inkludiert. Auch wurde das Portfolio für Kompensationsprojekte 2023 um neue Technologien zur langfristigen Bindung von CO2 erweitert. ↗ Kundenbelange/Produkt & Services.
Die Maßnahmen und Verpflichtungen der Lufthansa Group zum Ausgleich flugbezogener CO2-Emissionen durch ökonomische Instrumente sind unabhängig von den Optionen für Kundinnen und Kunden zum nachhaltigeren Fliegen zu betrachten.
Lufthansa Group gleicht freiwillig die CO2-Emissionen der eigenen Dienstreisen aus
Die Lufthansa Group gleicht bereits seit 2019 weltweit die CO2-Emissionen sämtlicher dienstlich veranlasster Flüge ihrer Mitarbeitenden aus. 2023 wurden hierfür 74.545 Tonnen CO2 über die Klimaschutzorganisationen myclimate, Climate Partner, Squake und Climate Austria kompensiert.
Weitere Maßnahmen zum Klimaschutz
„CleanTech Hub“ ist vom Projektstatus in die etablierten Fachbereiche integriert
Im Rahmen der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsmanagements der Lufthansa Group wurde im Jahr 2023 der zunächst als Projektorganisation aufgebaute „Clean Tech Hub“ in die Organisation mit ihren Aufgabenfeldern integriert.
Der Bereich Corporate Responsibility verfolgt die Fortentwicklung der Aktivitäten im Bereich „clean technology“ hinsichtlich ihres Beitrags zur Reduktion von Emissionen zur Zielerreichung 2030 und 2050.
Im „Hydrogen Aviation Lab“ werden Wartungs- und Bodenprozesse zukünftiger Flugzeuggenerationen mit Wasserstoff als Primärenergieträger erprobt
Lufthansa Technik initiierte 2021 ein von der Hansestadt Hamburg gefördertes Projekt zusammen mit Partnern aus Industrie und Forschung, bei dem umfangreiche Wartungs- und Bodenprozesse im Umgang mit der Wasserstofftechnologie konzipiert und erprobt werden. Dazu wurden im Berichtsjahr Vorbereitungen getroffen, um einen Airbus A320 mit einer Brennstoffzelle zur Einspeisung in bestimmte Bordsysteme, der Verteilung und Überwachungseinheit für flüssigen Wasserstoff (LH2) von der Lufthansa Technik auszustatten. Im kommenden Jahr ist geplant, ein voll funktionsfähiges stationäres Reallabor aufzubauen.
Lufthansa Technik wird in dieses Projekt vor allem seine operative Expertise bei der Instandhaltung und Modifikation von Verkehrsflugzeugen einbringen. Zudem kann das Unternehmen durch den engen Kontakt zu Airlines auf der ganzen Welt auch die Kundenperspektive umfassend einfließen lassen.
Lufthansa Group engagiert sich für die Klimaforschung
Die Lufthansa Group engagiert sich seit 1994 in verschiedenen Vorhaben für die Atmosphären- und Klimaforschung. Im Rahmen der europäischen Forschungsinfrastruktur „In-service Aircraft for a Global Observing System“ (IAGOS) hat die Lufthansa Group in enger Zusammenarbeit mit ihren Forschungspartnern vom Karlsruher Institut für Technologie und vom Forschungszentrum Jülich ausgewählte Passagierflugzeuge mit Messinstrumenten ausgestattet, die auf Linienflügen Daten über den Zustand der Atmosphäre sammeln. Rund 300 Organisationen weltweit nutzen die frei zugänglichen Messdaten. Sie helfen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, neue Erkenntnisse über die Atmosphäre und die Entwicklung des Klimas zu gewinnen und langfristige Veränderungen festzustellen.
Der Airbus A350 „Erfurt“ von Lufthansa Airlines wird seit 2021 zur neuen Plattform für das IAGOS-CARIBIC (Civil Aircraft for the Regular Investigation of the atmosphere Based on an Instrument Container) -Messsystem umgebaut. 2023 konnte der zweite, wesentliche Projektmeilenstein erreicht werden. Das neu entwickelte Messsondensystem wurde erstmals am Flugzeug angebaut, um damit ein mit der Zulassungsbehörde abgestimmtes Flugprogramm zu absolvieren. Als letzter Schritt wird der neue Messgerätecontainer durch externe Forschungspartner der Lufthansa Group entwickelt und zugelassen. Ende 2024 soll ein Erstflug mit dem gesamten System durchgeführt werden.
Lufthansa Group untersucht Maßnahmen zur Reduzierung der Gesamtklimawirkung
Im Rahmen der nationalen Luftfahrtkonferenz im September 2023 haben die deutschen Luftverkehrsgesellschaften Erprobungsflüge zur Vermeidung von klimawirksamen Kondensstreifen angekündigt. Lufthansa Airlines wird sich im Rahmen des seit 2022 laufenden Forschungsprojekts „D-KULT“ an diesen Flügen beteiligen. Ziel ist es, die Prognosedaten und Flugplanungs-Tools auf ihre Qualität und Verlässlichkeit hin zu testen. Mit ihrer Hilfe sollen Gebiete, in denen Kondensstreifen entstehen können, erkannt und umflogen werden. Um festzuhalten, ob Kondensstreifen auf umgeleiteten Flügen tatsächlich vermieden werden konnten, werden Satellitenbeobachtungen herangezogen und ausgewertet.
SWISS beteiligt sich an dem drei Jahre dauernden von der EU geförderten Projekt „CICONIA“, das sich seit Mitte 2023 mit den sogenannten Nicht-CO2-Effekten, zum Beispiel Kondensstreifen und deren Reduzierung, befasst. In den beiden aufeinander abgestimmten Projekten „D-KULT“ und „CICONIA“ werden die für eine klimaoptimierte Flugplanung nötigen Datenquellen und IT-Anwendungen sowie die zugehörigen Prozesse zur Zusammenarbeit von Wetterdienst, Wissenschaft und Fluggesellschaften entwickelt und erprobt.
Im Rahmen von zu definierenden gesetzlichen Regelungen zu den Nicht-CO2-Klimawirkungen, wie zum Beispiel durch Kondensstreifen, unterstützt die Lufthansa Group seit Ende 2023 das DLR durch Expertise und Bereitstellung von Informationen bei der durch die europäische Kommission beauftragten Entwicklung eines Berichts- und Überprüfungssystems.
CO2-Emissionen der Bodenprozesse werden reduziert
Auch bei den Prozessen am Boden, wie zum Beispiel beim Immobilienmanagement und bei den Abfertigungsprozessen auf dem Flughafenvorfeld, entstehen CO2-Emissionen. Bei der Reduzierung dieser Emissionen fokussiert sich die Lufthansa Group auf drei Handlungsfelder: die Beschaffung und den Einsatz erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebetrieb und die Erreichung einer CO2-neutralen Bodenmobilität. Als Etappenziel will der Konzern in seinen Heimatmärkten bis 2030 auf eine CO2-neutrale Mobilität am Boden umstellen.
Im Berichtsjahr wurden Organisationsstrukturen geschaffen, um die Grundlagen für die Entwicklung eines Gesamtkonzepts zur CO2-Emissionsreduzierung von Bodenprozessen sowie die Implementierung von Steuerungsmechanismen zu schaffen. Übergeordnete Koordinationseinheit ist das Green Ground Energy Management im Ressort Infrastrukturmanagement, das dem Vorstandsressort „Personal & Infrastruktur“ zugeordnet ist. Der Bereich agiert unter anderem in enger Abstimmung mit dem Ressort „Markenführung und Nachhaltigkeit“, sowie mit dem Lufthansa Airline Ressort Business Development and Sustainability.
Beschaffung und Einsatz erneuerbarer Energien
Das im Jahr 2019 von der Lufthansa Group definierte Ziel, den Strombedarf in den Heimatmärkten Deutschland, Österreich, Schweiz und Belgien aus 100 % Ökostrom abzudecken, konnte 2020 erreicht werden und wird seitdem entsprechend fortgeführt. Hierfür werden Grünstromzertifikate für Deutschland und die Schweiz erworben, die eine Ökostromproduktion aus Neuanlagen garantieren und so zum Ausbau erneuerbarer Energien beitragen. In Belgien erfolgt die Grünstromversorgung direkt über die Flughäfen. Im Berichtsjahr wurde vom Flughafen Wien kein Grünstrom zur Verfügung gestellt, sodass Austrian Airlines sowie weitere an diesem Standort tätige Gesellschaften der Lufthansa Group nicht mit Grünstrom versorgt werden konnten. Der Stromverbrauch der am Standort Wien tätigen Lufthansa Group Gesellschaften beträgt circa 9 % des gesamten Stromverbrauchs der Lufthansa Group in der DACHBE-Region.
Der Energieeinkauf der Lufthansa Group, der zentral in der Einkaufsorganisation der Lufthansa Global Business Services (LGBS) gebündelt ist, hat im Berichtsjahr eine Ausschreibung für die Integration von Power Purchase Agreements (PPA), Stromabnahmeverträgen aus beispielsweise Solar- und Windkraftanlagen, begonnen. Ausschreibungsergebnisse liegen voraussichtlich im ersten Quartal 2024 vor. Eine Umsetzung des PPA soll, bei positiver Entscheidung, ab dem Jahr 2026 erfolgen. Mit dem Abschluss eines PPA-Vertrags zielt die Lufthansa Group darauf ab, die Planungssicherheit zu erhöhen und Beschaffungsrisiken in einem stark veränderten Energiemarkt zu minimieren sowie im Sinne einer nachhaltigen Energieversorgung eine direkte Strombeschaffung aus erneuerbaren Energien umzusetzen.
Energieeffizienz in Gebäuden bei Bau, Sanierung und Betrieb steigern
Die Lufthansa Group strebt an, die Energieeffizienz im Gebäudebetrieb sukzessive zu steigern. Sie überprüft und optimiert kontinuierlich den Betrieb ihrer Immobilien hinsichtlich Energieverbrauch und -effizienz und setzt entsprechende Verbesserungsmaßnahmen um.
Die Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebetrieb sind in der konzernweiten Immobilienrichtlinie verankert. Diese enthält auch verbindlich energetische Vorgaben zu Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement in Form eines umfangreichen Lastenheftes. So sind zum Beispiel bei Neuanmietung beziehungsweise Errichtung von Neubauten sowie bei Umbau-, Instandsetzungs- und Instandhaltungsprojekten Nachhaltigkeitsaspekte gemäß einer vorgegebenen Checkliste zu berücksichtigen. Die Maßnahmen werden dezentral in den verantwortlichen Geschäftsbereichen umgesetzt. Darüber hinaus erfolgt eine energetische Bewertung des Gebäudeportfolios und die Identifizierung von weiteren Energieeffizienzmaßnahmen im Rahmen der gesetzlich alle vier Jahre vorgeschriebenen Energieaudits innerhalb der EU. Dies ist im Berichtsjahr erfolgt.
CO2-neutrale Mobilität am Boden erreichen
Durch Elektromobilität oder den Einsatz anderer emissionsfreier Fahrzeuge will die Lufthansa Group bis 2030 eine CO2-neutrale Mobilität in den Bodenprozessen erreichen. Die bestehende Flotte von Vorfeldfahrzeugen und Dienstwagen soll nicht nur effizienter genutzt werden, sondern es soll auch der gezielte Ersatz hin zu Elektromobilität oder anderen alternativen Antriebssystemen innerhalb der Lufthansa Group vorangetrieben werden. Dabei soll die operative Stabilität bezüglich Ladeinfrastruktur, Energieverbrauch und -effizienz sowie Fahrzeugverfügbarkeit und leistung erhalten werden.
Das für diese Prozesse verantwortliche Fuhrparkmanagement ist in den jeweiligen Gesellschaften verortet. Bei Neuanschaffungen von Fahrzeugen oder bei der Umstellung auf CO2-neutrale Antriebe für den operativen Fuhrpark der Lufthansa Group wurden im Jahr 2023 zusätzlich zu den großen Standorten die kleineren Standorte Berlin, Düsseldorf, Köln und Stuttgart in die Betrachtung aufgenommen. Im Berichtsjahr wurden an allen betrachteten Standorten insgesamt 26 Vorfeldfahrzeuge als Elektrofahrzeuge angeschafft. So hat zum Beispiel Lufthansa Engineering and Operational Services (LEOS), der Bodenabfertigungsspezialist der Lufthansa Group, im Jahr 2023 zwei weitere vollelektrisch angetriebene Flugzeugschlepper am Flughafen Frankfurt in Betrieb genommen. LEOS hat in Frankfurt neben den insgesamt nun vier vollelektrischen Flugzeugschleppern bereits zwei Hybrid-Schleppfahrzeuge im Einsatz.
Damit ist der Gesamtbestand an Elektrofahrzeugen an den genannten Standorten im Jahr 2023 auf 46 Fahrzeuge gestiegen. Dies entspricht einem Anteil von rund 4 % der gesamten operativen Fahrzeugflotte an diesen Standorten.
Für die Dienstwagen der Lufthansa Group stehen seit 2023, neben den Standorten in Deutschland, nun auch Brüssel, Wien und Zürich im Fokus. Im Berichtsjahr stieg die Anzahl der rein elektrisch betriebenen Dienstwagen der Lufthansa Group von 374 Fahrzeugen im Vorjahr (davon 255 in Deutschland) auf 554. Diese machen somit einen Anteil von 36 % aus.
Eine Beschleunigung des Umsetzungspfads ist von der Fahrzeug- und Technologieverfügbarkeit, insbesondere bei Transportern und Crewbussen, abhängig, aber auch vom Ausbau der Elektro-Ladeinfrastruktur auf dem Vorfeld, der im Verantwortungsbereich der Flughäfen liegt. Aufgrund auch solcher operativen Interdependenzen ist die Lufthansa Group im ständigen Austausch mit ihren Systempartnern, wie Flughafenbetreibern, Gebäudebetreiber, Fahrzeugbauer, Bodenverkehrsdienstleisten und Energielieferanten. So hat die Lufthansa Group ihre Anforderungen und Bedarfe bezüglich des Auf- und Ausbaus der Ladeinfrastruktur bewertet und an die Flughafenbetreiber an den Standorten Frankfurt, München, Hamburg, Wien und Zürich adressiert. Sie steht mit den Flughäfen in regelmäßigem Dialog zum Umsetzungsfortschritt.
Leistungsindikator
Spezifischer CO2-Ausstoß pro Passagierkilometer der Lufthansa Group sinkt auf neuen Bestwert
Die absoluten CO₂-Emissionen aus der Verbrennung von Flugkraftstoff durch Flugzeuge der Lufthansa Group stiegen im Geschäftsjahr 2023 aufgrund der gestiegenen Nachfrage und des erweiterten Flugangebots um 16 % auf 26,8 Mio. Tonnen (Vorjahr: 23,1 Mio. Tonnen). Der CO2-Ausstoß pro transportiertem Tonnenkilometer konnte um 2,8 Gramm auf 833,9 Gramm gesenkt werden (Vorjahr: 836,7 Gramm). Der spezifische CO2-Ausstoß pro Passagierkilometer lag mit 88,4 Gramm um 1,8 % unter dem Niveau des Vorjahres (Vorjahr: 90,0 Gramm). Bei diesen Angaben wird zwischen fossilem und biogenem CO2 nicht unterschieden.
Im Berichtsjahr erreichte die Lufthansa Group hinsichtlich des zentralen KPIs der Science-based Targets Initiative (gemessen in Gramm CO2 pro Revenue-Tonnenkilometer) unter Berücksichtigung von biogenem SAF eine Verbesserung von 2,7 % gegenüber 2019.
Der Rückgang der spezifischen Emissionen der Konzernflotte gegenüber dem Vorjahr resultiert im Wesentlichen aus einem gestiegenen Sitzladefaktor sowie einem veränderten Streckenmix mit einer damit verbundenen strukturellen Erhöhung der durchschnittlichen Flugstreckenlänge. Längere Flugstrecken bewirken typischerweise niedrigere spezifische Emissionen, da Start und Landung mit ihren höheren Emissionen bei wachsender Flugdistanz immer weniger ins Gewicht fallen. Dennoch bleibt der Effizienzgewinn hinter den Erwartungen zurück. Längere Flugstrecken (Umwege) infolge konfliktbedingt gesperrter Lufträume führen zu höheren Treibstoffverbräuchen, wohingegen bei der Ermittlung der Tonnenkilometer weiterhin die Großkreisentfernung zugrunde gelegt wird und nicht die tatsächlich geflogenen Kilometer.