Aktiver Schallschutz

Konzept
Aktiver Schallschutz umfasst fünf Bereiche

Die Lufthansa Group beteiligt sich seit 2001 aktiv und kontinuierlich an Forschungsprojekten und setzt mit relevanten Anspruchsgruppen abgestimmte Maßnahmen zur Lärmminderung um. Diese Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bilden die Grundlagen für einen aktiven Schallschutz. Sie tragen damit wesentlich zur Optimierung der Bestandsflotte und des Flugbetriebs bei, um die Lärmemission eines Flugzeugs an der Quelle zu reduzieren und durch eine bessere Verteilung der verbleibenden Geräusche Anwohnende in den Flughafenregionen zu entlasten. Die Maßnahmen des aktiven Schallschutzes bei der Lufthansa Group umfassen folgende fünf Bereiche:

  • Investitionen in leisere Flugzeuge
  • Lärmreduzierende Technologien für die Bestandsflotte
  • Beteiligung an der Lärmforschung
  • Entwicklung optimierter Flugverfahren und Flugrouten
  • Dialog mit den Flughafenanrainern und weiteren Interessengruppen
Organisatorische Verankerung und Verantwortlichkeiten

Die Lufthansa Group verfügt über ein Airline-übergreifendes Expertengremium unter der Leitung des Bereichs Ops Performance / Air Side Management Lufthansa Airlines, das regelmäßig zu aktuellen operativen und fachlichen Entwicklungen zum Thema Aktiver Schallschutz tagt. Das Gremium arbeitet seit September 2023 dem im Zuge einer Reorganisation neu geschaffenen Bereich „Infrastructure & System Partnerships“ zu, der die zentrale Verantwortung und Steuerung bezüglich Infrastruktur und Systempartnerschaften innehat. Der Bereich ist die zentrale Kontaktstelle und Interessenvertretung des Vorstandsressorts „Human Resources & Infrastructure“ gegenüber Flughäfen, Flugsicherungen, Handlingagenten, regulatorischen und politischen Institutionen, wie zum Beispiel Ministerien, sowie Branchenverbänden. Als Klammer- und Koordinierungseinheit im Konzern zum Thema Fluglärm wird hier die Repräsentanz der Lufthansa Group in den Gremien des Forums Flughafen und Region am Standort Frankfurt wahrgenommen sowie die Mitarbeit der Lufthansa Group in verschiedenen Fluglärmkommissionen unterstützt.

Ziele
Fluglärm soll an der Quelle reduziert werden

Die Lufthansa Group setzt sich dauerhaft mit vielfältigen Aktivitäten und Maßnahmen dafür ein, den Fluglärm zu mindern. Vorrangiges Ziel ist es, den Lärm an der Quelle zu verringern und zusammen mit den Systempartnern optimierte Flugverfahren zu entwickeln. Verbesserung lassen sich beispielsweise über die Änderungen der drei Lärmwerte im Lärmschutzzeugnis nachvollziehen.

Maßnahmen
Investitionen in moderne und damit leisere Flugzeuge

Die effektivste Maßnahme zur Reduzierung des Fluglärms an der Quelle liegt in der Modernisierung der Flotte. Die Lufthansa Group modernisiert ihre Flotte kontinuierlich. So sind die im Jahr 2023 neu in Betrieb genommenen Flugzeuge, darunter Maschinen vom Typ Airbus A320neo, A321neo, A350-900, Boeing 787-9 und Boeing 777F, mit modernen Triebwerken ausgestattet und wesentlich leiser als vergleichbare Flugzeugtypen älteren Baujahres. ↗ Flotte und Klimaschutz/Technischer Fortschritt/Flottenerneuerung.

Lärmreduzierende Technologien für die Bestandsflotte

Neben der Modernisierung führt auch die Nachrüstung der Bestandsflotte zu einer messbaren Fluglärmminderung. Lufthansa Airlines stellte Anfang 2014 als weltweit erste Airline einen mit schallreduzierenden Wirbelgeneratoren ausgestatteten A320 in Dienst und setzte damit einen Industriestandard. Flugzeuge mit Wirbelgeneratoren sind im Landeanflug bis zu 4 Dezibel leiser und werden deshalb in Frankfurt im Rahmen der Lärmentgelteabrechnung günstiger eingestuft als vergleichbare Flugzeuge ohne diese Bauteile. Alle Flugzeuge der A320-Familie von Lufthansa Airlines und SWISS sind mit diesen Modifikationen ausgestattet. Die bei Austrian Airlines noch ausstehende Umrüstung der erweiterten Flotte von sechs A320-Flugzeugen hat Ende 2023 begonnen, mit einer geplanten Laufzeit bis Mitte 2024. Die Umsetzung der Modifikation erfolgt im Rahmen der routinemäßigen technischen Wartungszyklen.

Die Nachrüstung der noch nicht mit Wirbelgeneratoren ausgestatteten A320-Flugzeuge von Eurowings wurde im April 2023 abgeschlossen.

Lufthansa Cargo hat im Berichtsjahr ein A321-Frachtflugzeug nachträglich mit dem sogenannten „Noise Improvement Package“ von Airbus ausrüsten lassen, sodass nun alle vier Frachtflugzeuge dieses Typs mit diesen technischen Maßnahmen zur Lärmreduzierung ausgestattet sind. Die Summe der drei Lärmwerte im Lärmschutzzeugnis dieser Flugzeuge reduziert sich durch das Maßnahmenpaket um zwei Dezibel.

Beteiligung an der Lärmforschung

Grundlage für die Reduzierung von Lärmemissionen an der Quelle bilden die Beteiligungen an Forschungs- und Entwicklungsprojekten, in denen Ideen für neue Schallschutzmaßnahmen erprobt werden. Die Erprobung und Implementierung von Maßnahmen wird an verschiedenen Standorten in verschiedenen Schallschutzgremien unter Mitarbeit von Expertinnen und Experten der Lufthansa Group begleitet. So engagiert sich die Lufthansa Group seit vielen Jahren in der Lärmforschung über Initiativen wie das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt „Effizienzsteigerung im Flugbetrieb“ (EffFlug), das 2023 abgeschlossen wurde. Zusammen mit Expertinnen und Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) suchte die Lufthansa Group nach eliminierbaren Schallquellen. Hierfür wurde ein entsprechender Prozess entwickelt, in dem Lärmmessdaten der Flughäfen mit den entsprechenden Flugdaten von Lufthansa Airlines synchronisiert und von den Fluglärmexpertinnen und -experten des DLR auf Auffälligkeiten untersucht wurden. Ein Anwendungsfall des Prozesses waren störende Fluggeräusche im Endanflug von Airbus A320neo-Flugzeugen. Es konnte gezeigt werden, dass der Prozess prinzipiell funktioniert, sodass er auch bei künftigen ähnlichen Fragestellungen angewendet werden kann.

Die Lufthansa Group unterstützte das DLR auch im Berichtsjahr bei der Weiterentwicklung des „Low Noise Augmentation System“ (LNAS) zur Optimierung von An- und Abflügen. LNAS nutzt Flugzeugdaten, um Empfehlungen bezüglich optimaler Konfiguration und Geschwindigkeit zu ermitteln. Dabei untersucht das DLR, wie sich An- und Abflüge im Rahmen der Sicherheitsvorgaben effizienter und leiser gestalten lassen. Im Rahmen eines im Vorjahr gestarteten Projekts wird Lufthansa Airlines das DLR mit Flugdaten unterstützen, die zur Entwicklung der neuen LNAS-Abflug-Funktionalität benötigt werden. Die Vorbereitungen hierfür starteten im Berichtsjahr, die Datenlieferung soll 2024 erfolgen.

Entwicklung optimierter Flugverfahren und Flugrouten gemeinsam mit den Systempartnern

Die Optimierung des vertikalen Flugprofils (Flugverfahren) und der horizontalen Flugführung (Flugrouten) trägt zur Lärmreduktion bei. Die Lufthansa Group ist auf diesem Gebiet zum Beispiel mit der Deutschen Flugsicherung (DFS) und internationalen Partnern aktiv. Die folgenden Beispiele wirken sich in der Regel auch auf Treibstoffverbräuche aus und haben deshalb eine Klimarelevanz. ↗ Klimaschutz.

Die moderne, satellitengestützte Navigationstechnologie „Required Navigation Performance“ (RNP), mit der die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) eine erforderliche Navigationsleistung für Luftfahrzeuge definiert hat, spielt eine wichtige Rolle bei der Einführung neuer Flugverfahren an europäischen Flughäfen. Seit November 2022 wird in Wien das neue lärmreduzierende, innovative RNP-Anflugverfahren evaluiert. Das Verfahren wird von Austrian Airlines regelmäßig insbesondere in den lärmsensiblen Nachtstunden angewendet. Im Jahr 2024 soll eine Auswertung der Anflüge und Evaluierung der Ergebnisse erfolgen. Die Einführung einer neuen, verkürzten RNP-Abflugroute in Stuttgart erfolgte im Februar 2023 durch den Start eines einjährigen Probebetriebs, in dessen Rahmen auch Lärmmessungen durchgeführt werden. Seither darf die neue Abflugroute bis zu zweimal je Stunde genutzt werden, so auch von Flugzeugen der Lufthansa Group. Die Erprobung wird weiterhin von Expertinnen und Experten der Lufthansa Airlines und von Eurowings begleitet.

Dialog mit den Flughafenanrainern und weiteren Interessengruppen

Über technische und operationelle Verbesserungen hinaus engagiert sich die Lufthansa Group seit vielen Jahren in verschiedenen Dialogforen mit Flughafenanrainern, unter anderem in Frankfurt und Wien. Die Expertinnen und Experten der Lufthansa Group engagieren sich dabei in den multilateralen Arbeitsgruppen bei der Entwicklung aktiver Schallschutzmaßnahmen.

Am Standort Frankfurt ist Lufthansa Airlines (in Vertretung der Lufthansa Group) in der Allianz für Lärmschutz zusammen mit der hessischen Landesregierung, der Fraport AG, dem Forum Flughafen und Region, der Deutschen Flugsicherung und dem Luftfahrtverband BARIG aktiv. Die Fluggesellschaft ist dabei ein maßgeblich gestaltendes Mitglied des Expertengremiums „Aktiver Schallschutz“ und seiner Unterarbeitsgruppen. Der Schwerpunkt dieser Aktivitäten liegt in der Optimierung von Flugverfahren und der Reduzierung des Lärms an der Quelle. In diesem Zusammenhang hat das Forum Flughafen und Region im März 2023 die 5. Internationale Konferenz Aktiver Schallschutz (ICANA 23) unter dem Leitthema “Aktiver Schallschutz an der Quelle“ durchgeführt. An deren Planung und Durchführung beteiligte sich die Lufthansa Group aktiv.

Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Stakeholdern, wie zum Beispiel Flughafenbetreibern, Behörden und Gemeinden, arbeitet die Lufthansa Group ebenfalls aktiv und freiwillig in einigen vom deutschen Luftverkehrsgesetz für die Großflughäfen vorgegebenen Fluglärmkommissionen und in der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Fluglärmkommissionen mit.

Leistungsindikator
99,6 % der operativen Konzernflotte erfüllen Fluglärmstandard

Verbesserungen im Schallschutz durch die Modernisierung der operativen Konzernflotte zeigen sich in der Anzahl der Flugzeuge, die das 10-Dezibel-Kriterium des ICAO-Kapitel-4-Standards erfüllen oder übererfüllen. Dieser Standard gibt Lärmgrenzwerte vor, wonach alle ab dem Jahr 2006 neu zugelassenen Verkehrsflugzeuge die älteren Kapitel 3-Lärmgrenzwerte kumulativ um 10 Dezibel oder mehr unterschreiten müssen. Zum Stichtag 28. Oktober 2023 (Ende des Sommer-Flugplans) erfüllten 99,6 % der Flugzeuge – und damit nahezu die gesamte operative Konzernflotte – dieses Kriterium.

Lufthansa Group Geschäftsbericht 2023